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Quelle: DStGB-Dokumentation No. 111- „Kommunale Handlungsmöglichkeiten beim Ausbau der Windenergie – unter besonderer Berücksichtigung des Repowering“
Der Text stellt allgemeine Hintergründe zur Windenergienutzung dar und gibt in komprimierter Form einen Überblick über die wesentlichen Aspekte, die bei der Planung von Windenergievorhaben zu berücksichtigen sind.
Inhalt
- Stand und Perspektiven der Windenergienutzung
- Stand und Entwicklung der Windenergietechnologie
- Repowering von Windenergieanlagen
- Auswirkungen der Windenergienutzung und des Repowering auf lokaler Ebene
- Planungs- und genehmigungsrechtliche Grundlagen
1 Stand und Perspektiven der Windenergienutzung
1.1 Ziele für den Klimaschutz und die Nutzung erneuerbarer Energien
Die Bundesregierung hat im September 2010 ein Energiekonzept beschlossen, mit dem die Leitlinien für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung für Deutschland formuliert werden. Dabei wird die Kernenergie noch als Brückentechnologie bewertet. Angesichts der verheerenden Havarie der Kernreaktoren im japanischen Fukushima erfolgte im Frühjahr 2011 jedoch der Beschluss, alle deutschen Atomkraftwerke bis 2022 außer Betrieb zu nehmen. Im Zuge der Energiewende soll eine ambitionierte Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz und zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien umgesetzt werden, um eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu erreichen. In Deutschland besteht das Ziel, bis 2020 mindestens 35 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken und die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu vermindern. Hinsichtlich dieser Zielsetzungen besteht ein breiter politischer Konsens aller im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Windenergie wird heute fast ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt. Der Betrieb von Windenergieanlagen zählt heute schon zu den wirtschaftlichsten Formen zur Nutzung regenerativer Energien. Dementsprechend hat die verstärkte Nutzung der Windenergie eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Zielsetzung, den Anteil erneuerbarer Energien und den Beitrag für eine CO2- freie Stromerzeugung zu erhöhen. In Abbildung 1 ist die Struktur der Stromerzeugung in Deutschland im ersten Halbjahr 2012 dargestellt. Es wird deutlich, dass es nur mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien in Verbindung mit einer höheren Energieeffizienz möglich ist, die Abhängigkeit von Energieimporten zu vermindern und die nur begrenzt verfügbaren fossilen Energierohstoffe zu schonen. Abbildung 1 zeigt zudem, dass aktuell rund neun Prozent des Strombedarfs durch Windenergieanlagen erzeugt wird. Als heimische und unerschöpfliche Energiequelle ist die Windenergie somit heute bereits ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Energieversorgung. 2011 haben Windenergieanlagen den Ausstoß von mehr als 34 Millionen Tonnen CO2 vermieden und damit den größten Beitrag zur Minderung der Treibhausgas- Emissionen im Bereich der regenerativen Stromerzeugung geleistet.
Abbildung 1: Beitrag erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung in Deutschland im ersten Halbjahr 2012
(Quelle BDEW, Stand: Juli 2012)
1.2 Entwicklung der Windenergienutzung in Deutschland
Die Windenergienutzung in Deutschland hat sich in den letzten zwanzig Jahren sehr dynamisch entwickelt. Zu Beginn der 1990er-Jahre umfasste der Bestand nur etwa 200 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von ca. 20 Megawatt (MW). Durch die Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zählt Deutschland mittlerweile jedoch seit vielen Jahren zu den weltweit führenden Ländern in der Nutzung der Windenergie. Derzeit sind bundesweit rund 23 000 Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von mehr als 30 000 MW in Betrieb.
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der in Deutschland im Zeitraum 1990 bis 2011 pro Jahr neu installierten Windenergieleistung. Aus Abbildung 2 wird deutlich, dass die pro Jahr installierte Leistung zunächst nur langsam anstieg – auch dadurch bedingt, dass die Windenergieanlagen in der Anfangsphase noch eine sehr geringe Leistung hatten. Vor dem Hintergrund enormer Fortschritte in der Weiterentwicklung der Anlagentechnik und positiver Rahmenbedingungen änderte sich dies jedoch grundlegend, so dass die jährlich neu installierte Leistung zum Ende der 1990er-Jahre deutlich stärker anstieg. Im Jahr 2002 wurde mit einer neu installierten Leistung von 3 247 MW das bisherige Rekordergebnis für den Windenergieausbau in Deutschland erreicht. Angesichts des abnehmenden Potenzials zur Realisierung neuer Windenergieprojekte an bisher unbebauten Standorten erfolgte nach 2002 eine Konsolidierung der Ausbauentwicklung. In der Grafik sind auch die bisher noch geringen Beiträge der Offshore-Windenergie und des Repowering beim Zuwachs in den letzten Jahren dargestellt.
Abbildung 2: Entwicklung der in Deutschland pro Jahr neu installierten Windenergieleistung 1990 bis 2011
(Quelle: DEWI GmbH)
1.3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung in Deutschland
Voraussetzung für die positive Entwicklung der Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland war die Schaffung günstiger rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. In Abbildung 2 ist begleitend zur Ausbauentwicklung der Windenergienutzung in Deutschland auch das zeitliche Inkrafttreten wichtiger Rahmenbedingungen im Zeitraum 1990 bis 2011 dargestellt. Als Wegbereiter für die positive Entwicklung der Windenergie hat sich das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) erwiesen, das 1991 in Kraft trat. Im StrEG wurde erstmals gesetzlich geregelt, dass der zuständige Netzbetreiber den in einer Anlage zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom abnehmen und dem Anlagenbetreiber für 20 Jahre eine Mindestvergütung zahlen muss. Auf Basis des StrEG erreichte die Windenergienutzung als erste erneuerbare Energiequelle den Durchbruch für private Anlagenbetreiber, da nun – bei Inanspruchnahme weiterer Förderprogramme der Länder und des Bundes – an windgünstigen Standorten ein wirtschaftlicher Betrieb der Windenergieanlagen ermöglicht wurde. Der Ausbau erfolgte zunächst in den besonders windgünstigen „Pionierregionen“ der Windenergie im Bereich der Westküste Schleswig-Holsteins und in Ostfriesland. Weitgehend ohne eine planerische Steuerung wurden dabei großflächig einzelne Windenergieanlagen genehmigt und in Betrieb genommen, so dass eine Vielzahl kleiner „Streuanlagen“ das Landschaftsbild in diesen Gebieten prägte. Zudem wurden zahlreiche kleine Windenergieanlagen als „Hofanlagen“ in unmittelbarer Nähe zu landwirtschaftlichen Betriebs- und Wohngebäuden errichtet. Als Folge des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juni 1994 – 4 C 20.093 – kam es im Zeitraum 1996 bis 1998 zu einem Einbruch beim Windenergieausbau (s. Abbildung 2), da die Genehmigung neuer Windenergieanlagen im Außenbereich in der Regel nun nur noch als „sonstige Vorhaben“ gemäß § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) möglich war und damit erschwert wurde. 1997 trat schließlich eine Gesetzesänderung in Kraft, die die privilegierte Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB beinhaltet. Damit kann die Baugenehmigung für neue Windenergieanlagen im Außenbereich nicht verweigert werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist. Zusätzlich wurde den Gemeinden und den für die Raumordnung zuständigen Planungsträgern mit der BauGB-Änderung die Möglichkeit gegeben, die Standorte für Windenergieanlagen planerisch zu steuern: Öffentliche Belange stehen einer Windenergieanlage in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Bis Ende 1998 konnte die Entscheidung über die Zulässigkeit neuer Windenergieanlagen ausgesetzt werden, wenn die Gemeinde beschlossen hatte, den Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ergänzen oder zu ändern. Gleiches galt für die Planung der Raumordnung. Seit der BauGB-Änderung in 1997 und dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im April 2000 (als Nachfolgegesetz des StrEG von 1991) entwickelte sich der Windenergiemarkt ab 1999 / 2000 mit einem bis dahin beispiellosen Wachstum. Im August 2004 sowie zum Jahresbeginn 2009 und 2012 traten weitere Änderungen des EEG in Kraft, in denen erforderliche Anpassungen berücksichtigt wurden.
Abbildung 3: Installierte Windenergieleistung und erforderlicher Zuwachs zur Erreichung der Ausbauziele in den Bundesländern (Quelle: DEWI GmbH / BNetzA)
1.4 Perspektiven der Windenergienutzung
Wie bereits dargestellt, hat sich der Windenergieausbau in Deutschland seit dem Rekordjahr 2002 auf ein Niveau von ca. 1 700 bis 2 000 MW pro Jahr konsolidiert, trotz der unverändert positiven Rahmenbedingungen. Als Grund für diese Entwicklung ist unter anderem zu sehen, dass bei der Ausweisung von Windenergiegebieten in vielen Regionen nur noch geringfügige Anpassungen und Erweiterungen der bisherigen Flächenausweisungen erfolgten, zum Beispiel im Zuge einer Neubewertung der Situation bei der Fortschreibung bestehender Pläne. Durch das im Herbst 2010 verabschiedete Energiekonzept haben sich die Perspektiven zur Erschließung neuer Potenziale für die Windenergienutzung an Land grundlegend verbessert. So wurde im Energiekonzept unter anderem das Ziel formuliert, gemeinsam mit den Ländern und Kommunen die Raumordnungspläne weiterzuentwickeln, um ausreichende Flächen für neue Windenergiegebiete auszuweisen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass auf Ebene der Bundesländer mittlerweile sehr ambitionierte Ausbauziele für die Windenergienutzung formuliert wurden. Abbildung 3 veranschaulicht, in welchem Umfang die Windenergienutzung ausgebaut werden muss, um die Ausbauziele der Bundesländer erreichen zu können. Die Darstellung basiert auf den Meldungen der Bundesländer für den Netzentwicklungsplan 2012. In der Genehmigung des Netzentwicklungsplans 2012 weist die Bundesnetzagentur allerdings darauf hin, dass teilweise erhebliche Zweifel hinsichtlich der Realisierbarkeit der angegebenen Kapazitätsziele bestehen. Auch wenn ein Zuwachs der Windenergieleistung um insgesamt rund 50 000 MW bis 2020 nicht zu realisieren sein wird, ist zu erwarten, dass der Ausbau der Windenergienutzung an Land in den kommenden Jahren spürbar zunimmt. Voraussetzung hierfür ist jedoch die planungsrechtliche Absicherung neuer Windenergie- Standorte durch entsprechende Flächenausweisungen. Neben der Erschließung neuer Windenergiestandorte an Land sind die Perspektiven für den weiteren Windenergieausbau in Deutschland vor allem in der Windenergienutzung auf dem Meer (Offshore) und in dem Ersatz alter Windenergieanlagen durch moderne leistungsstarke Windenergieanlagen (Repowering) zu sehen. Näher dazu A 3.2.
1.5 Auswirkungen auf den Netzausbau
Der zunehmende Ausbau der erneuerbaren Energien führt zu einer grundlegend veränderten Struktur der Stromerzeugung. Regional kann die hohe Stromeinspeisung von Windenergieanlagen dazu führen, dass die Netze in strukturschwachen Gebieten teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Windenergieanlagen speisen den erzeugten Strom überwiegend im Mittelspannungsnetz (20 Kilovolt (kV)), teilweise aber auch auf Hochspannungsebene (110 kV) ein. Um die Netzintegration auch bei einem weiter zunehmenden Anteil der erneuerbaren Energien sicherzustellen, sind geeignete Maßnahmen zur Optimierung und Verstärkung der Netze umzusetzen. Reicht auch dies nicht aus, so kann im Einzelfall auch ein Ausbau des bestehenden Netzes erforderlich sein. Unabhängig vom weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien an Land, erfolgt in den norddeutschen Küstenländern zusätzlich die Netzanbindung der geplanten Offshore-Windparks, die in der Regel Leistungen von mehreren hundert Megawatt einspeisen. Für den Transport des Windstroms in die Verbraucherzentren ist deshalb – aber auch aufgrund anderer Ursachen (grenzüberschreitender Stromhandel etc.) – der Bau neuer überregionaler Übertragungsleitungen erforderlich. Dies stellt angesichts des erheblichen Aufwands (Planungs- und Genehmigungsverfahren, Durchführung der Baumaßnahmen) eine große Herausforderung dar. Derzeit (Stand Sommer 2012) laufen in diesem Zusammenhang die Konsultationen für die Abstimmung des sogenannten Netzentwicklungsplans.
2 Stand und Entwicklung der Windenergietechnologie
2.1 Entwicklung der Anlagentechnik
Die dynamische Entwicklung des Windenergieausbaus in Deutschland in den 1990er-Jahren wurde begleitet von bemerkenswerten Fortschritten bei der Weiterentwicklung der Anlagentechnik. So hat sich die mittlere Leistung von neu errichteten Windenergieanlagen gegenüber 1990 um mehr als das Zehnfache auf gut 2,2 MW pro Windenergieanlage im Jahr 2011 erhöht. Heute sind bereits erste Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von 5 bis 7,5 MW in Betrieb; diese Großanlagen wurden jedoch überwiegend für die Windenergienutzung auf See entwickelt. Die Ausbauentwicklung in Deutschland wurde geprägt durch verschiedene Anlagengenerationen, die zwischenzeitlich den Markt beherrscht haben. Wie Abbildung 4 zeigt, waren dabei die Anlagen der „600 kW-Klasse“ im Zeitraum 1994 bis 1999, die „1,5 MW-Klasse“ (ca. 1999 bis 2003) sowie die „2 MW-Klasse“ (ab ca. 2002) von besonderer Bedeutung. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick zur Entwicklung wichtiger Kenngrößen der Anlagentechnik gegeben werden.
Abbildung 4: Entwicklung des Windenergieausbaus nach Windenergieanlagen- Klassen (Quelle: DEWI GmbH)
Abbildung 5: Zunahme der Windgeschwindigkeit mit steigender Höhe (Beispiel: logarithmisches Windprofil für den EEG-Referenzstandort) – (Quelle: DEWI GmbH)
Abbildung 6: Größenentwicklung der Windenergieanlagen seit 1990 (Quelle: DEWI GmbH)
2.1.1 Steigerung von Nennleistung und Stromproduktion
Die Nennleistung der Windenergieanlagen hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre etwa vervierfacht. Die jährliche Stromerzeugung einer 2 MW-Anlage erreicht rund das Fünffache einer Anlage der 600 kW-Klasse. Dabei erzeugen moderne Windenergieanlagen wesentlich effizienter Strom als frühere Anlagengenerationen. Die Hersteller bieten auf dem deutschen Markt praktisch nur noch Windenergieanlagen mit verstellbaren Rotorblättern und variabler Drehzahl an. Anders als bei vielen Anlagen der 600 kW-Klasse kann damit vor allem bei geringen Windgeschwindigkeiten eine optimierte Energieeinspeisung erreicht werden. Die Steigerung der Nennleistung einer Windenergieanlage ist nur bei einer Vergrößerung der sogenannten „Rotorkreisfläche“ möglich. Die Rotorkreisfläche ist die von den Rotorblättern überstrichene Fläche, auf der die Windenergie „geerntet“ wird. Der Einsatz großer Rotorblätter erfordert andererseits hohe Türme, damit ein ausreichender Abstand der Blattspitzen zur Geländeoberfläche sichergestellt wird.
2.1.2 Vergrößerung von Anlagenhöhe und Rotordurchmesser
In größeren Höhen herrschen günstigere Windbedingungen mit höheren Windgeschwindigkeiten und gleichmäßigerer Strömung, da die Einflüsse von Geländestruktur und Bodenrauigkeiten mit zunehmender Höhe deutlich abnehmen (s. Abbildung 5). Windenergieanlagen mit höheren Türmen können deshalb auch wesentlich mehr Strom erzeugen. Erst durch den Einsatz großer Nabenhöhen und längerer Rotorblätter konnte der wirtschaftliche Betrieb von Windenergieanlagen an Binnenlandstandorten erreicht werden. Für den Windenergieausbau in Deutschland war diese Weiterentwicklung der Technik von wesentlicher Bedeutung, da die Eignungs- und Vorranggebiete für die Windenergie in den windreichen Küstenregionen zunehmend bebaut sind. Aufgrund der großen Rotorblattlängen und Turmhöhen unterscheiden sich moderne Windenergieanlagen deutlich von den Dimensionen früherer Anlagengenerationen. Abbildung 6 veranschaulicht die technologische Entwicklung anhand typischer Größen-Klassen, die seit Anfang der 1990er-Jahre den Markt bestimmt haben. Dem um ein Vielfaches höheren Beitrag zu Stromerzeugung und Klimaschutz sowie der langsameren Drehbewegung steht die größere Sichtwirkung der großen Bauwerke gegenüber. Darüber hinaus sind Windenergieanlagen ab 100 Metern Gesamthöhe als Luftfahrthindernis zu kennzeichnen. Durch die Weiterentwicklung und Optimierung der Anlagentechnik konnten erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die Schallemissionen und die Netzverträglichkeit von Windenergieanlagen erreicht werden.
2.1.3 Reduzierung der Schallemissionen und des Schattenwurfs
Die Schallemissionen einer Windenergieanlage werden wesentlich durch die Geräusche der drehenden Rotorblätter verursacht. Durch die fortlaufenden Bestrebungen der Anlagenhersteller zur Optimierung der Rotorblattprofile konnten deutliche Fortschritte erreicht werden, sowohl im Hinblick auf die Schallreduzierung als auch auf die Steigerung des Energieertrags der neu entwickelten Windenergieanlagen. Eine erhebliche Verbesserung der Situation wurde dadurch erreicht, dass heute praktisch nur noch drehzahlvariable Anlagen mit verstellbaren Rotorblättern eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund der technologischen Fortschritte erfolgte zwischenzeitlich auch eine Anpassung der immissionsschutzrechtlichen Standards. Bewertungsmaßstab ist heute einheitlich der lauteste Betriebspunkt der Anlage und nicht mehr der Schallleistungspegel im Teillastbereich nach dem alten Vermessungsstandard. Eine wichtige Maßnahme zur Minderung von Konflikten bezüglich Schallemissionen bildet die Möglichkeit, moderne drehzahlvariable Windenergieanlagen im „schalloptimierten Betrieb“ zu fahren. Bei dieser Betriebsweise können die vorgegebenen Schallgrenzwerte zu jeder Tages- und Nachtzeit automatisch durch eine Reduzierung der Drehzahl eingehalten werden. Die Möglichkeit zur automatischen Regelung der Windenergieanlagen wird auch eingesetzt, um eine unzulässige Belästigung der Anwohner durch den Schattenwurf der Anlagen zu vermeiden. An Standorten, bei denen eine Verringerung der Schattenwurfdauer erforderlich ist, erfolgt die Abschaltung der Anlage bei kritischen Verhältnissen am Immissionsort über ein spezielles Schattenwurfmodul. Dabei dient ein Schattenwurfgutachten als Grundlage für die standortspezifische Bewertung.
2.1.4 Verbesserung der Netzverträglichkeit
Nach den Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind die Netzbetreiber in Deutschland verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig in ihr Netz aufzunehmen. Angesichts dieser Vorrangregelung und des mittlerweile bedeutenden Beitrags zur Stromerzeugung sind die Anforderungen zur Netzintegration der Windenergie deutlich gestiegen. Dabei erfolgte auch ein grundlegender Philosophiewechsel hinsichtlich der Anschlussbedingungen für Windenergieanlagen. Die Einspeisung von Windstrom wurde lange Zeit lediglich als „negative Last“ im Netz behandelt. Bei auftretenden Netzstörungen wurden Windenergieanlagen einfach abgeschaltet, um mögliche Rückwirkungen zu vermeiden, die die Fehlerbehebung zusätzlich erschweren. Dagegen werden an moderne Windenergieanlagen mittlerweile Anforderungen gestellt, die sich an den Kriterien für den Anschluss konventioneller Kraftwerke orientieren. Dementsprechend müssen Windenergieanlagen heute in der Lage sein, bestimmte Systemdienstleistungen bereit zu stellen und in kritischen Situationen (zum Beispiel Netzkurzschluss oder -engpass) einen stabilen und netzstützenden Betrieb zu gewährleisten. Bei Spannungs- und Frequenzabweichungen müssen die Windenergieanlagen ohne Leistungsreduktion am Netz bleiben.
2.2 Auswirkungen auf Radaranlagen und Flugbetrieb
Im Umfeld von militärischen und zivilen Flughäfen sowie Standorten von Radaranlagen, zum Beispiel des Deutschen Wetterdienstes oder der Luftverteidigung, ist es in den letzten Jahren immer wieder zu Problemen bei der Genehmigung neuer Standorte für die Windenergie gekommen. Durch den Betrieb von Windenergieanlagen kann es im Erfassungsbereich von militärischen und zivilen Radaranlagen zu Einschränkungen der Radarabdeckung des Luftraumes kommen. Das Spektrum dieser Einschränkungen reicht von Positionsungenauigkeiten der Flugzieldarstellung bis zu temporären Verlusten von Flugzielen über den Zeitraum von mehreren Radarumdrehungen. Windenergieanlagen stellen im Gebiet der Radarerfassung ein Störpotenzial dar. Ob und in welchem Umfang eine Störung auftritt, ist abhängig unter anderem von der Art der Radaranlage und ihrer technischen Auslegung, der Entfernung zu einer Windenergieanlage, der Höhe, der Größe, der Bauart und der Anzahl der Windenergieanlagen sowie von topographischen Gegebenheiten und Wetterlagen. Von Seiten der Bundeswehr wurde zwischenzeitlich beim Luftwaffenamt, Abteilung Flugbetrieb eine Arbeitsgruppe zur Klärung von Konflikten im Bereich Windenergie und Flugbetrieb eingerichtet.
2.3 Hinderniskennzeichnung
Windenergieanlagen müssen als „Luftfahrthindernis“ gekennzeichnet werden, wenn sie außerhalb von Flugplatzbereichen eine Gesamthöhe von 100 Metern übersteigen. Die Kennzeichnungspflicht umfasst eine Tages und Nachtkennzeichnung der Windenergieanlagen. Die Tageskennzeichnung kann entweder durch eine farbliche Kennzeichnung der Rotorblattspitzen und gegebenenfalls des Maschinenhauses und des Turms oder durch weiße Blinklichter auf der Gondel (gegebenenfalls ergänzend durch Farbmarkierungen) erfolgen. Die Nachtkennzeichnung erfolgt in der Regel durch rot blinkende gedoppelte Feuer auf der Gondel (sogenanntes „Feuer W, rot“). Die mit der Realisierung des Repowering in der Regel verbundene Kennzeichnungspflicht von Windenergieanlagen hat vielfach eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Akzeptanz des Vorhabens. Denn die im Gemeindegebiet betriebenen Altanlagen mussten – von wenigen Ausnahmen abgesehen – aufgrund der niedrigen Bauhöhe früherer Anlagengenerationen nicht als Luftfahrthindernis gekennzeichnet werden. Insbesondere die Nachtkennzeichnung der modernen Anlagen wird deshalb verbreitet als störende Veränderung der gewohnten Umgebung empfunden. Vor diesem Hintergrund kommt einer sorgfältigen Planung unter Berücksichtigung der Wirkung der Anlagenkennzeichnung eine besondere Rolle zu. Zur Minderung der Störwirkungen der Kennzeichnung eignen sich verschiedene Maßnahmen, die als Auflagen in der Genehmigung festgesetzt werden können. Besonders wirkungsvoll ist der Einsatz einer Sichtweitenmessung, die es ermöglicht, sowohl bei der Tages- als auch bei der Nachtkennzeichnung die Nennlichtstärke der Befeuerung bei Sichtweiten über fünf Kilometer auf 30 Prozent und bei Sichtweiten über zehn Kilometer auf zehn Prozent zu reduzieren (ausgenommen Hindernisfeuer). Zudem besteht die Möglichkeit zur Abschirmung der Befeuerung nach unten. Für eine ruhigere Wirkung der Befeuerung sollten die Schaltzeiten und Taktfolgen der zur Tages- und Nachtkennzeichnung eingesetzten „Feuer“ in einem Windpark und zu benachbarten Windparks synchronisiert werden. Eine weitere Möglichkeit stellt die Blockbefeuerung dar, bei der nur die äußeren Anlagen in einem Park gekennzeichnet werden (s. hierzu AVV Teil 3, Abschnitt 1, Satz 12). Grundsätzlich ist festzustellen, dass die aktuellen Vorschriften zur Kennzeichnungspflicht von Windenergieanlagen eine deutliche Verminderung der Störwirkungen ermöglichen, insbesondere durch die Option der sichtweitenabhängigen Lichtstärkereduzierung. Darüber hinaus wurde auch mit Einführung des „Feuer W, rot“ eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem im Zeitraum 2000 bis 2003 eingesetzten Xenon-Doppelblitzsystems erreicht. So ist das „Feuer W, rot“ gegenüber den bis dahin üblichen Gefahrenfeuern um den Faktor 20 lichtschwächer. Siehe hierzu die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen“ und die „BWE-Handlungsempfehlung für die Kennzeichnung von Windenergieanlagen“. Das Energiekonzept der Bundesregierung 2010 sieht vor, die Lichtemissionen von Windenergieanlagen weiter zu reduzieren. Die Bundesregierung unterstützt dabei perspektivisch auch den Einsatz der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung, vorausgesetzt, dass das bestehende Sicherheitsniveau des Luftverkehrs aufrechterhalten wird. Vor dem Hintergrund wird derzeit die bedarfsgesteuerte Schaltung der Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen auf Grundlage von Primärradar fachlich geprüft. Unter der Voraussetzung, dass die Flugsicherheit gewährleistet ist, werden derartige Systeme voraussichtlich ab 2013 verfügbar sein. Dann wäre die Nachtkennzeichnung nur noch dann aktiviert, wenn sich tatsächlich ein Luftfahrzeug dem Anlagenstandort nähert.
2.4 Perspektiven der weiteren Entwicklung der Anlagentechnik
Verschiedene Hersteller bieten bereits Windenergieanlagen der sogenannten Multi-Megawattklasse mit einer Nennleistung von bis zu 7,5 MW an oder sind mit der Entwicklung entsprechender Anlagengrößen befasst. Diese Großanlagen werden in der Regel an Land als Prototypen betrieben mit dem Ziel, sie für den Einsatz zur Offshore-Windenergienutzung zu testen. Unabhängig von dem Bestreben zur Entwicklung immer leistungsstärkerer Windenergieanlagen für den Betrieb großer Windkraftwerke auf dem Meer, ist aus heutiger Sicht zu erwarten, dass die Windenergienutzung an Land mittelfristig durch den Einsatz von Anlagen der 2 bis 3 MW-Klasse bestimmt sein wird. Im Hinblick auf die wirtschaftlich optimale Nutzung der Windenergie werden moderne Windenergieanlagen der 2 bis 3 MW-Klasse heute bereits bevorzugt eingesetzt. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass die Herausforderungen für den Transport und die Montage noch größerer Anlagen mit Leistungen von mehr als 4 MW deutlich ansteigen. Aufgrund bestehender Infrastrukturbeschränkungen (maximal passierbare Höhe / Breite von Brücken und sonstigen Bauwerken, Kurvenradien der Verkehrswege etc.) ist der Einsatz dieser Anlagen mit über 60 Meter langen Rotorblättern und Turmsegmenten von mehr als fünf Metern Durchmesser häufig mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Zudem erreichen die Gewichte und Größen der Komponenten dieser Großanlagen in der Regel Dimensionen, die den Einsatz sehr teurer Spezialkräne und Transportfahrzeuge erfordern. Diese Herausforderungen lassen sich auch durch Nutzung alternativer Lösungen (zum Beispiel Teilung von Turmsegmenten und Rotorblättern) nur bedingt lösen und sind nicht zuletzt auch mit erheblichen Kosten für den Logistikaufwand verbunden. Im Übrigen ist im Hinblick auf die Akzeptanz der Windenergienutzung davon auszugehen, dass der Einsatz von Großanlagen mit einer Nennleistung von 5 MW und mehr auch künftig eher an Einzelstandorten erfolgen und nicht zum allgemeinen Standard für die Windenergienutzung an Land werden wird.
2.5 Auswirkungen der technologischen Entwicklung
Durch die Weiterentwicklung der Windenergieanlagen- Technologie wurden in den letzten 20 Jahren erhebliche Verbesserungen erreicht, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass die Windenergienutzung heute einen bedeutenden Beitrag zur regenerativen Stromerzeugung und zur Minderung der Treibhausgasemissionen leistet.
Als wesentliche Auswirkungen der technologischen Entwicklung der Windenergienutzung sind hier folgende Aspekte zu nennen:
- deutliche Steigerung der Stromerzeugung pro Anlage.
- Erschließung der Binnenland-Regionen für eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie.
- Optimierte Betriebsweise bezüglich Schallemissionen und Schattenwurf.
- Optimierung im Hinblick auf die Vermeidung von Lichtreflexionen (Discoeffekt) durch Einsatz matter und mittelreflektierender Farben für Rotorblätter und Türme.
- Veränderte Landschaftsbildwirkung beim Einsatz moderner leistungsstarker Anlagen durch die geringere Rotordrehzahl und eine verminderte „Barriere-Wirkung“ aufgrund größerer Mindestabstände zwischen den Windenergieanlagen in Windparks.
- Kennzeichnungspflicht moderner Windenergieanlagen bei einer (heute üblichen) Gesamthöhe von mehr als 100 Metern und Verminderung der Störwirkung bei der Befeuerung.
- Verbesserte Netzverträglichkeit und netzstützende Wirkung durch den Betrieb moderner Windenergieanlagen.
- Verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Windenergie durch deutlich reduzierte Stromgestehungskosten (bei gleichzeitig deutlich steigenden Kosten konventioneller Stromerzeugungsanlagen).
3 Repowering von Windenergieanlagen
3.1 Einführung Repowering
Allgemein wird als Repowering das Ersetzen bestehender älterer Windenergieanlagen durch neue leistungsstarke Windenergieanlagen bezeichnet. Im Hinblick auf die Motivation zur Durchführung des Repowering sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Der Betreiber der Altanlagen orientiert sich in seiner Bewertung in erster Linie am Ergebnis einer gesamtwirtschaftlichen Analyse des Projektes. Aus kommunaler Sicht stehen die Möglichkeiten der Neustrukturierung der Standorte und der Windenergienutzung sowie ihre planungsrechtliche Steuerung im Vordergrund. Verbreitet wird dabei die Reduzierung der Anzahl an Windenergieanlagen ein wesentliches Ziel bilden. Aber auch im Hinblick auf die Steigerung des kommunalen Beitrags zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bietet sich das Repowering an. Das Repowering weist in der Praxis unterschiedliche Varianten auf. Nachfolgend werden fünf Varianten aufgeführt, anhand derer sich die verschiedenen Aufgabenstellungen erläutern lassen. Angesichts der Vielfalt der in der Praxis auftretenden Fälle können diese auch untereinander kombiniert auftreten:
Die Inbetriebnahme einer neuen Windenergieanlage als Ersatz für eine Altanlage unterliegt den gleichen Rahmenbedingungen wie die Errichtung einer Neuanlage. Für die Realisierung eines Repowering-Projektes ist für Windenergieanlagen mit mehr als 50 Metern Gesamthöhe eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erforderlich. Das Repowering muss nach den Bestimmungen des Bauplanungsrechts zulässig sein und weitere rechtliche Vorschriften dürfen dem Vorhaben nicht entgegenstehen. Die Vergütung des erzeugten Stroms erfolgt gemäß den Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass das EEG einen besonderen Anreiz für das Repowering von Windenergieanlagen schafft, die vor 2002 in Betrieb genommen wurden.
3.2 Status und Potenzial des Repowering
3.2.1 Entwicklung des Repowering
Im Rahmen des Repowering wurden nach den verfügbaren Informationen bis Ende 2011 insgesamt 935 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 427 MW abgebaut. Abbildung 7 gibt einen Überblick zur Entwicklung des Repowering im Zeitraum 2000 bis 2011. Die Grafik zeigt die pro Jahr abgebaute Leistung und die Anzahl der Altanlagen. Die nachfolgende Abbildung 8 verdeutlicht, dass sich das Repowering sehr stark auf die Pionierregionen im Küstenbereich konzentriert hat. So wurde fast die Hälfte aller bisher abgebauten Altanlagen an der Westküste Schleswig-Holsteins in den Landkreisen Nordfriesland und Dithmarschen „repowert“. In Niedersachsen lag der Schwerpunkt des Repowering in den Küstenlandkreisen Aurich, Cuxhaven und Wesermarsch. Durch die Inbetriebnahme moderner Windenergieanlagen konnte beim Repowering bis Ende 2011 ein Leistungszuwachs von 771 MW erreicht werden. 62 Prozent davon entfielen auf Schleswig-Holstein, 16 Prozent auf Niedersachsen. In den anderen Bundesländern hat das Repowering insgesamt noch eine geringe Bedeutung. In den bisher realisierten Repowering-Projekten wurden überwiegend Windenergieanlagen mit 250 bis 600 kW abgebaut und durch Anlagen der 2 MW-Klasse ersetzt.
Abbildung 7: Rückbau von Altanlagen im Rahmen des Repowering 2000 bis 2011
(Quelle: DEWI GmbH)
Es ist zu beachten, dass das Repowering teilweise im Rahmen einer gebietsbezogenen Neustrukturierung erfolgt, die gleichzeitig eine Veränderung / Erweiterung der Gebiete beziehungsweise Flächen für die Windenergienutzung umfasst. An den betreffenden Standorten ist nicht immer eindeutig abzugrenzen, ob und in welchem Umfang die Neuerschließung neben dem Austausch von Altanlagen auch die Nutzung zusätzlicher Standorte umfasst. Abschließend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass durch die modifizierte EEG-Vergütungsregelung für das Repowering seit 2012 praktisch jede abgebaute Altanlage (bilanziell) durch eine Neuanlage ersetzt wird. In der Praxis kann dies zum Beispiel dazu führen, dass an einem Standort zehn kleine Altanlagen durch sechs moderne ersetzt werden. Für vier weitere Windenergieanlagen, die in demselben oder einem benachbarten Landkreis in einem neuen Windpark errichtet werden, verbleibt damit der Anspruch auf die Gewährung des Repowering-Bonus. Die Bilanzierung des Repowering im Sinne des EEG 2012 wird somit vermehrt dazu führen, dass aus dem Rückbau eines Windparks zwei Repowering-Projekte entstehen.
Abbildung 8: Regionale Verteilung des Repowering (Quelle: DEWI GmbH)
3.2.2 Repowering-Potenzial
Das Repowering-Potenzial hängt unmittelbar mit der Entwicklung des Altanlagenbestands zusammen. Aus wirtschaftlichen Gründen (Finanzierungszeitraum, EEGAnreizregelung) kommt dabei für das Repowering in der Regel der Ersatz von Windenergieanlagen in Betracht, die bereits seit mindestens zehn Jahren in Betrieb sind. Durch die seit 2012 geltende Neuregelung der EEG-Vergütung für das Repowering wird ein Repowering-Bonus nur noch für das Ersetzen von Windenergieanlagen gewährt, die vor 2002 in Betrieb genommen wurden. Abbildung 9 gibt einen Überblick zur regionalen Verteilung der Windenergienutzung in Deutschland und zeigt auf, welche Anteile des Anlagenbestands vor 2002 in Betrieb genommen wurden und somit von der vorstehend genannten EEG-Anreizregelung profitieren können. In der Abbildung ist auch dargestellt, in welchem Umfang bereits ein Repowering dieser Anlagen durchgeführt wurde. Zunächst ist festzustellen, dass gut die Hälfte des gesamten Anlagenbestands an Land (Stand Ende 2011) vor 2002 in Betrieb genommen wurde. Ein Repowering erfolgte jedoch erst bei einem sehr geringen Anteil dieses Anlagenbestands, sodass das verbleibende Potenzial mehr als 10 000 Windenergieanlagen, bzw. etwa 8 000 MW umfasst. Wie die Darstellung zeigt, besteht vor allem in den Küstenländern sowie in Nordrhein-Westfalen noch ein großes Repowering-Potenzial. Darüber hinaus gibt es in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt jeweils mehr als 750 Anlagen, die bereits vor 2002 in Betrieb gegangen sind. Das Repowering-Potenzial wird wesentlich durch die Anlagengenerationen mit 500 bis 660 kW beziehungsweise 750 bis 1000 kW bestimmt, die zwischen 1994 und 2001 in Betrieb genommen wurden. Bis Ende 2001 waren bundesweit mehr als 4 500 Windenergieanlagen mit 500 bis 660 kW und knapp 1 300 Anlagen mit 750 bis 1 000 kW in Betrieb. Dieser Bestand wurde überwiegend Mitte bis Ende der 1990er-Jahre in Regionen mit sehr günstigen Windbedingungen errichtet. Durch den Einsatz moderner Windenergieanlagen lassen sich diese attraktiven Standorte heute erheblich besser nutzen. Dementsprechend ist hier ein besonders deutlicher Effekt des Repowering (wesentlich mehr Strom mit weniger Anlagen) zu erwarten. Darüber hinaus waren Ende 2001 bereits knapp 2 000 Windenergieanlagen der 1,5 MW-Klasse in Betrieb. Diese Anlagen wurden erst ab etwa 1999 errichtet, zumeist in küstenferneren Regionen mit geringerer Standortqualität. Bei dieser Anlagenklasse ist ein geringerer Repowering-Effekt beim Ersatz von 1,5 MW-Windenergieanlagen durch Anlagen der 2 bis 3 MW-Klasse zu erwarten. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Stromerzeugung als auch auf die Veränderung von Anzahl und Größe der Windenergieanlagen. Für kleine alte Windenergieanlagen mit bis zu 300 kW besteht verbreitet die Problematik, dass die Anlagen außerhalb der für die Windenergie ausgewiesenen Gebiete in Betrieb sind und deshalb dort nicht ersetzt werden können. Zwei Drittel aller bundesweit bis Ende 2001 errichteten Windenergieanlagen sind in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb. In den anderen Bundesländern hat die Windenergienutzung dagegen erst später an Bedeutung gewonnen, wie zum Beispiel in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt.
Abbildung 9: Regionale Verteilung der Windenergienutzung und Anteil der Anlagen, die vor 2002 in Betrieb genommen wurden (Quelle: DEWI GmbH)
Insgesamt ist festzustellen, dass der für das aktuelle Repowering-Potenzial relevante Altanlagenbestand zu einem erheblichen Teil in den besonders windgünstigen Regionen beziehungsweise Landkreisen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb ist. Unabhängig von dieser übergeordneten Potenzialbetrachtung sind die konkreten Bedingungen vor Ort letztlich entscheidend dafür, ob ein Repowering sinnvoll ist. Folglich sollten auch die Gemeinden außerhalb der vorstehend genannten Regionen frühzeitig die Möglichkeiten des Repowering prüfen und die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung schaffen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich das Repowering-Potenzial mit zunehmender Betriebsdauer der Anlagen erheblich verändern kann. Es ist schließlich darauf hinzuweisen, dass das Repowering grundsätzlich nur an Standorten möglich ist, die auch nach den aktuellen kommunalen oder regionalen Festlegungen zur Windenergienutzung in Flächennutzungs- und Raumordnungsplänen vorgesehen sind. Standorte von Altanlagen, die außerhalb von ausgewiesenen Windenergiegebieten in Betrieb sind, können aufgrund des Bestandsschutzes weiter genutzt werden. Nach einem Rückbau oder einer wesentlichen Änderung der Anlage entfällt jedoch der Bestandsschutz. Da in diesen Fällen eine weitergehende Nutzung der Standorte der Altanlagen in der Regel ausgeschlossen ist, verringert sich die bisher installierte Windenergieleistung entsprechend. Dies betrifft vor allem ältere kleinere Windenergieanlagen, die seit Ende der 1980er- bis Anfang der 1990er-Jahre als „Streuanlagen“ außerhalb ausgewiesener Windenergiestandorte betrieben werden. Etwas anderes gilt, wenn diese Windenergieanlagen in ein Repowering-Konzept einbezogen werden, also die Aufgabe der Altstandorte wird mit der Ausweisung eines neuen Gebiets für die Windenergie verbunden. In den „Pionierregionen der Windenergie“ wurden sehr viele Anlagen vor Einführung der privilegierten Zulässigkeit der Windenergie im Baugesetzbuch im Außenbereich errichtet, deshalb gibt es dort einen relativ hohen Anteil an Anlagen, die heute außerhalb ausgewiesener Windgebiete in Betrieb sind. Es ist zu beachten, dass diese Windenergieanlagen im Rahmen des Repowering nur bei einer Ausweisung neuer Standorte an anderer Stelle ersetzt werden können. Betreiber von Windenergieanlagen an Standorten, die für ein Repowering nicht geeignet sind, können bestrebt sein, ihre Anlagen solange wie möglich instand zu halten und über deren vorgesehene Lebensdauer (in der Regel 20 Jahre) hinaus zu betreiben. In diesem Fall ist die Einbindung der Altanlagen-Betreiber in die Gesamtplanung des Repowering von besonderer Bedeutung. In Schleswig-Holstein sind nach den vorliegenden Informationen etwa 320 MW außerhalb von ausgewiesenen Windgebieten in Betrieb, in Niedersachsen rund 550 MW, in Nordrhein-Westfalen etwa 250 MW und in Mecklenburg-Vorpommern rund 145 MW.
3.3 Flächenzuschnitt und technische Mindestabstände
Die Nutzbarkeit einer in Raumordnungs- oder Bauleitplan für die Windenergie ausgewiesenen Fläche kann dadurch beschränkt sein, dass die Rotorblätter der beim Repowering eingesetzten neuen Windenergieanlage über den Standort des Mastes auf die benachbarten Flächen weit hinausragen. Die Inanspruchnahme der von ihnen überdeckten Flächen muss zivilrechtlich möglich und baurechtlich zulässig sein. So kann es auf die Zustimmung der Grundstücksnachbarn ankommen. Zudem muss die Inanspruchnahme dieser Flächen mit den Festlegungen im Flächennutzungsplan und Bebauungsplan vereinbar sein. Für kleinere Flächenzuschnitte können sich erhebliche Einschränkungen ergeben, wenn neue Windenergieanlagen mit entsprechender Größe errichtet werden sollen. Dies kommt vor allem bei Repowering-Vorhaben zum Tragen, bei denen der bisherige Standort für die neuen Windenergieanlagen beibehalten werden soll. Im Sinne einer optimierten Nutzung der für die Windenergie ausgewiesenen Gebiete sollte dies bei Aufstellung oder Änderung / Ergänzung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen berücksichtigt werden. Für die optimale Ausnutzung eines Standorts ist es erforderlich, Flächengröße und -zuschnitt so zu gestalten, dass eine günstige Aufstellung mehrerer Anlagen ermöglicht wird. Es ist zu beachten, dass in der Regel der Abstand zwischen den Windenergieanlagen in Hauptwindrichtung das Fünffache und quer zur Hauptwindrichtung das Dreifache des Rotordurchmessers betragen sollte. In der Praxis wird der empfohlene Abstand von fünf Rotordurchmessern mitunter jedoch nicht eingehalten. Geringere Abstände können zu erhöhten Turbulenzen und negativen Auswirkungen auf den Energieertrag sowie die Standsicherheit der betroffenen Anlagen führen. Gegebenenfalls ist deshalb ein Standsicherheitsnachweis erforderlich. Zudem setzt das Repowering voraus, dass die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen mit großer Höhe planungsrechtlich zulässig sind. Bei Nutzung vorhandener (bereits ausgewiesener) Standorte kann daher eine flächenmäßige Erweiterung oder die Aufhebung etwa vorhandener Höhenbegrenzungen notwendig sein.
4 Auswirkungen der Windenergienutzung und des Repowering auf lokaler Ebene
4.1 Wirtschaftliche Aspekte und Vergütung nach EEG
Bei der Standortwahl kommt es darauf an, dass die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf lange Sicht einen wirtschaftlichen Betrieb der Windenergieanlage ermöglichen. Maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens ist vor allem die Höhe der Einnahmen, die der Betreiber durch die Veräußerung des erzeugten Stroms erzielen kann. Diese sind abhängig von den gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Einspeisevergütung und von den konkreten Verhältnissen vor Ort.
Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Einspeisevergütung
Nach dem EEG hat der Betreiber einer Windenergieanlage gegenüber dem Stromnetzbetreiber einen Anspruch auf Vergütung des abgenommenen Stroms zu fest definierten Vergütungssätzen. Für Repowering-Vorhaben enthält das Gesetz eine besondere Anreizregelung (§ 30 EEG). Im Wege der Direktvermarktung besteht für den Anlagenbetreiber die Möglichkeit, eine noch höhere Vergütung zu erzielen. Grundlage für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens bilden jedoch die Vergütungssätze des EEG. Da dem Betreiber die Vergütung für einen Zeitraum von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres garantiert ist, schafft das EEG eine besondere Investitionssicherheit.
Konkrete Verhältnisse vor Ort
Die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens hängt vor allem von der Standortqualität ab, also der Frage wie viel Prozent des im EEG definierten Referenzertrages sich am vorgesehenen Standort voraussichtlich erzielen lassen. Für die Höhe des Ertrages spielt auch die Gesamthöhe der Windenergieanlagen eine entscheidende Rolle. Weitere Faktoren, wie die Entfernung vom nächsten Verknüpfungspunkt zum öffentlichen Stromnetz, können ebenfalls ausschlaggebend für die Frage der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens sein. Die Wirtschaftlichkeit eines Repowering-Vorhabens hängt von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel der Betreiberstruktur hinsichtlich der Altanlagen, des Gesamtzustandes des Altanlagenbestandes sowie seiner Finanzierungssituation, der Verfügbarkeit eines planungsrechtlich gesicherten Windenergiestandortes für neue Windenergieanlagen mit großen Höhen etc. ab.
4.2 Wertschöpfung
Die örtliche Wertschöpfung durch Windenergie rückt immer mehr in den Fokus. Für eine 2 MW Windenergieanlage berechnet das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) eine kommunale Wertschöpfung von bis zu 2,2 Millionen Euro in 20 Jahren, wobei dafür insbesondere angenommen wird, dass Anlagenbetrieb und Wartung durch eine örtliche Firma geschehen und der Betreiber seinen Sitz innerhalb der Gemeinde hat und somit dort steuerpflichtig ist.1 Unter den Begriff der so errechneten Wertschöpfung fallen dabei Unternehmensgewinne, Einkommen von Beschäftigten und Steuereinnahmen der Gemeinde. Die Gemeinde profitiert daher direkt von den Steuereinnahmen, zusätzlich gegebenenfalls, wenn sie als Betreiber von Windenergieanlagen tätig ist und hiermit Gewinne erwirtschaftet. Bei den Steuereinnahmen kommt es zu Gewerbesteuereinnahmen und Einnahmen durch den Anteil der Gemeinde an der Einkommenssteuer. Es verbleiben 70 Prozent der Gewerbesteuer in der Gemeinde, weitere 30 Prozent kommen hinzu, wenn der Sitz des Betreibers im Gemeindegebiet liegt. Bürgerinnen und Bürger können als Beschäftigte in Windenergieprojekten profitieren, können Windenergieanlagen betreiben, oder sich finanziell daran beteiligen. Eine solche finanzielle Beteiligungsmöglichkeit sind sogenannte Bürgerwindparks. Sie werden als wünschenswert angesehen, um vor Ort möglichst viel Wertschöpfung zu erzielen und die Akzeptanz für Anlagen zu erhöhen. Grundsätzlich sollen sich bei diesem Modell die Bürger, die in einer bestimmten räumlichen Nähe wohnen, an einem Bürgerwindpark finanziell beteiligen können oder / und ihn in Eigenregie führen.2 Die Bürgerwindparks unterscheiden sich von Ort zu Ort danach, wie hoch die Beteiligungsmöglichkeit ist und wie die Gesellschaftsform gestaltet wird. Die Bürger beteiligen sich in der Regel als Mitglied einer Genossenschaft oder mit einer Kommanditbeteiligung bei einer GmbH, wobei viele Gesellschaften bewusst niedrige Beteiligungen ermöglichen, damit Bürgerinnen und Bürger mit geringen finanziellen Möglichkeiten dabei sein können.
1 Renews Spezial- Ausgabe 46 / Dezember 2010, Hintergrundinformation der Agentur für Erneuerbare Energien, Ergebnisse der Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), S. 10 ff.
2 Vgl. Windenergie-Erlass vom 11. Juli 2011 des Landes NRW 1.4.: „Bürgerwindparks sind Windfarmen, an denen sich die ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger konzeptionell und finanziell beteiligen können.“
4.3 Aspekte der sozialen Akzeptanz
Die Zustimmung oder zumindest Duldung seitens kommunaler Entscheidungsträger sowie betroffener Anwohner ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung der Windenergie. Ungeachtet der allgemein hohen Akzeptanzwerte auf Bundesebene3 stoßen Windenergieprojekte unverändert auf lokale Widerstände. Nicht immer sind die Ursachen dafür offensichtlich. Es ist jedoch entscheidend, die Ursachen dafür zu erkennen und ihnen frühzeitig zu begegnen. Der häufig anzutreffende Versuch, diese Widerstände als egoistische Haltung im Sinne des Sankt-Florians-Prinzips einzustufen, versperrt die Möglichkeit, die Problemlage differenziert zu verstehen und adäquate Lösungsansätze zu finden. Denn die geäußerten Bedenken der beteiligten Interessengruppen liefern wichtige Informationen über deren Bedürfnisse – sie anzuerkennen, eröffnet Gestaltungsspielräume. Die umfangreiche Forschung zur sozialen Akzeptanz der Windenergienutzung sowie Praxiserfahrungen zeigen potenzielle Konfliktfelder und Lösungsansätze auf. Es lassen sich grob drei Akzeptanzfelder identifizieren: das Vorgehen im Planungsprozess, die Verteilungsgerechtigkeit sowie Gesundheit und Wohlbefinden. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über diese Akzeptanzfelder gegeben.
Vorgehen im Planungsprozess
Ein akzeptanzorientiertes Vorgehen im Planungsprozess stellt sowohl an Behördenvertreter sowie Anwohner besondere Anforderungen. Aus Akzeptanzperspektive hat sich gezeigt, dass die im Bauleitplanverfahren formal vorgeschriebene, auch frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung oft erst zu spät genutzt wird. Der Akzeptanz förderlich ist vielmehr, bereits bei den Überlegungen zur Ausgestaltung von Raumordnungs-, Flächennutzungsund Bebauungsplänen, die Öffentlichkeit in informellen Verfahren in die Planungsprozesse einzubinden.
Verteilungsgerechtigkeit
Ein weiteres Akzeptanzfeld beschreibt das Ausbalancieren von Vor- und Nachteilen der Windenergienutzung. Auch und gerade bei Repowering-Vorhaben ist die Verteilungsgerechtigkeit der Nutzen und Lasten herzustellen. Müssen Altanlagen auf bestimmten Grundstücken rückgebaut werden, um Neuanlagen auf Flächen anderer Eigentümer installieren zu können, kann es bezüglich der Einnahmen aus der Grundstücksverpachtung zu Ungerechtigkeitsempfinden bei betroffenen Bürgern kommen. Möglicherweise treten Konflikte aus der Zeit der Erstaufstellung der Windenergieanlagen erneut auf. Um konsensuale Konfliktlösungen zu finden und Neid und Missgunst möglichst zu vermeiden, empfiehlt es sich, das sogenannte Flächenpachtmodell in Anwendung zu bringen. Interessenkonflikte können mit Nachbargemeinden entstehen, die im Zuge eines Repowering-Projektes durch Landschaftsbildveränderungen indirekt betroffen sind, ohne aber von dessen ökonomischen Vorteilen profitieren zu können. Im Sinne eines Interessenausgleichs sollten hier die von den Wirkungen der Windenergieanlagen betroffenen Bevölkerungsgruppen möglichst umfassend berücksichtigt werden. So tragen beispielsweise günstige Stromtarife in der Region oder die Auftragsvergabe bevorzugt an lokale Dienstleister beim Bau und Betrieb der Anlagen zur Akzeptanzsteigerung bei. Ebenso kann die Windenergienutzung in kommunale Energie- und Bildungskonzepte einbezogen werden. Auch in weniger windreichen Regionen profitieren Bürger, selbst wenn sie sich nicht direkt finanziell an Windenergieanlagen beteiligen, in der Regel durch die mit dem Repowering erhöhten Steuereinnahmen. Generell gilt: Je mehr Mehrwert aus der Windenergienutzung für möglichst viele Akteure vor Ort geschaffen wird, desto größer wird der Rückhalt dafür sein.
3 Laut Infratest befürworten 60 Prozent der Befragten Windenergieanlagen im eigenen Umfeld, wobei Vorerfahrungen die Akzeptanz sogar erhöhen. (TNS Infratest 2011, http://www.unendlich-vielenergie.de/fileadmin/content/Panorama/Akzeptanz/Factsheet_Umfrage_TNS_2011.pdf, abgerufen am 5.7.2012).
Gesundheit und Wohlbefinden
Skeptiker von Repowering-Projekten äußern oftmals angesichts der Neuanlagen mit größeren Rotordurchmessern und Turmhöhen Bedenken bezüglich negativer Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden. Im Vordergrund stehen dabei die Landschaftsbildbeeinträchtigung, die von Windenergieanlagen ausgehende optisch bedrängende Wirkung sowie die als störend wahrgenommen akustischen und visuellen Immissionen von Windenergieanlagen. Die bundesimmissionsschutzrechtlichen Vorgaben sowie die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm tragen maßgeblich dazu bei, dass sich die Beeinträchtigungen auf das Schutzgut Mensch in einem angemessenen Rahmen halten lassen. Nach Stand der aktuell am Markt verfügbaren Anlagentechnik gibt es zum Beispiel für die Minderung der Immissionen (Hinderniskennzeichnung, Schattenwurf) mittlerweile bewährte Lösungen, die so zur Steigerung der Akzeptanz beitragen. Befürchtete Geräusche der Windenergieanlagen sind trotz strenger Schutzauflagen ein wiederkehrendes Akzeptanzthema. Ein besonderes Problem stellt die Diskussion um einen vermeintlichen Infraschall dar: Sämtliche wissenschaftlich belastbare Studien weisen keine Infraschallauswirkungen nach, da die von Windenergieanlagen erzeugten Infraschallpegel in der Umgebung deutlich unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsgrenzen liegen.4 Diese Ergebnisse werden von manchen Bürgern nicht akzeptiert, eine Sachargumentation scheint hier häufig nicht möglich. Es sollte aber zumindest eine Begriffserklärung versucht werden, da vermutlich Infraschall häufig verwechselt wird mit hörbarem, tieffrequentem Schall.5 Denn werden bei Windenergieanlagen Geräusche wahrgenommen, handelt es sich nicht um Infraschall sondern um andere Betriebsgeräusche. Kommt es trotz eingehaltener Immissionsschutzwerte dennoch durch Betriebsgeräusche zu erheblichen Beschwerden, ist eine Ursachenanalyse angeraten, um vertretbare Lösungsmöglichkeiten abzuleiten. Um die Sicherheit zu bieten, mögliche Beschwerden und Hinweise direkt und ohne Zeitverzögerung an die Betreiber melden zu können, sollten diese eine entsprechende Anlaufstelle gewährleisten.
Fazit: Eine frühzeitige Einbindung der betroffenen Öffentlichkeit am gesamten Planungsprozess, Informations- und Partizipationsangebote, eine nachhaltige Beteiligung möglichst vieler Akteure an den Gewinnen der Windenergienutzung und des Repowering sowie der Einsatz der optimalen Technik zur Minimierung umweltrelevanter Emissionen können eine breite soziale Akzeptanz unterstützen.
4 Colby, W. D., Dobie, R., Leventhall, G., Lipscomb, D. M., McCunney, R. J., Seilo, M. T., Søndergaard, B. (2009): Wind turbine sound and health effects: an expert panel review; oder Ellenbogen, J. M., Grace, S., Geiger- Bernays, W. J., Manwell, J. F., Mills, D. A., Sullivan, K. A. & Weisskopf, M. G. (2012): Wind turbine health impact study: Report of independent export panel.
5 Bayerisches Landesamt für Umwelt und Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, 2012: „Windkraftanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“
4.4 Naturschutz und Landschaftspflege
Bei der Errichtung von Windenergieanlagen sind deren Auswirkungen auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in unterschiedlicher Weise von Bedeutung. Dies gilt für die Genehmigung von Windenergieanlagen wie für die Bauleitplanung, und zwar sowohl bei „Neuvorhaben“ als auch beim Repowering. Dabei haben die Vorschriften des BauGB wie die des Naturschutzrechts Bedeutung. Hierbei gilt es, die Auswirkungen auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst gering zu halten. Beim Repowering oder einer sonstigen Neuordnung der Standorte für die Windenergie können Besonderheiten gelten, weil damit vorhandene Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft beseitigt oder zusätzliche Beeinträchtigungen vermieden werden können.
5 Planungs- und genehmigungsrechtliche Grundlagen
5.1 Genehmigungsrechtliche Voraussetzungen
Für die Errichtung von Windenergieanlagen sind Genehmigungen erforderlich. Für Windenergieanlagen ab einer Gesamthöhe von 50 Metern bedarf es der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach dem BImSchG,6 für niedrigere Anlagen ergibt sich die baurechtliche Genehmigungspflicht aus dem Bauordnungsrecht der Länder. Für die Gemeinden ist wichtig: Im Genehmigungsverfahren wird auch geprüft, ob die betreffenden Windenergieanlagen dem Bauplanungsrecht des BauGB entsprechen, bei Windenergieanlagen im nicht beplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und im Außenbereich (§ 35 BauGB) unter Beteiligung der Gemeinden (Einvernehmenspflicht nach § 36 BauGB). Dabei ist von Bedeutung: Windenergieanlagen werden zum größten Teil auf der Grundlage der Vorschriften über das Bauen im Außenbereich (§ 35 BauGB) errichtet. Sie sind dort privilegiert zulässig. Dies hat in der Praxis allein schon ihrer Anzahl nach erhebliche Bedeutung erlangt. Im Vordergrund steht der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (Vorhaben, das der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient). Danach sind Windenergieanlagen im Außenbereich zulässig, wenn im Übrigen öffentliche Belangenicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Zu den entgegenstehenden öffentlichen Belangen kann auch gehören, wenn durch Ziele der Raumordnung oder durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung für die Windenergie an anderer Stelle erfolgt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Diese Regeln gelten auch für das Repowering von Windenergieanlagen. Für die Genehmigung von Windenergieanlagen können in entsprechenden Fällen auch die Festsetzungen von Bebauungsplänen (§ 30 BauGB) oder die Zulässigkeitsregeln des § 34 BauGB in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen maßgeblich sein. Näher dazu C 1. In den Genehmigungsverfahren wird auch geprüft, ob andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Erfahrungsgemäß bedeutsam sind stets die Vorschriften des Immissions- und Naturschutzrechts sowie – je nach den örtlichen Verhältnissen – die Vorschriften verschiedener anderer Fachgesetze.
6 § 1, Nr. 1.6 Anhang 4. BlmSchV.
5.2 Allgemeines zu den planerischen Möglichkeiten und Anforderungen an das Repowering
Die Gemeinden haben im Rahmen der Bauleitplanung weitreichende Möglichkeiten, die planungsrechtlichen Grundlagen für Windenergieanlagen und gezielt auch für das Repowering zu schaffen und abzusichern. Von großer praktischer Bedeutung ist die Möglichkeit der Gemeinden, im Rahmen der Flächennutzungsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die privilegierte Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) auf bestimmte Standorte zu beschränken; sogenannte Konzentrationsplanung oder Ausschlussplanung. Ob und inwieweit die Gemeinden von dieser planerischen Möglichkeit Gebrauch machen, obliegt ihrer eigenverantwortlichen planerischen Entscheidung. Durch die Steuerung der Windenergieanlagen im Außenbereich haben die Gemeinden hier wie in der Bauleitplanung auch die Möglichkeit, in eigener Verantwortung nach den Grundsätzen der §§ 1 und 1 a BauGB und insbesondere der Abwägung (§1 Abs. 7 BauGB) die Errichtung von Windenergieanlagen mit ihrer städtebaulichen Entwicklung (Siedlungsentwicklung) in Übereinstimmung zu bringen. Sie können hier planerisch gestaltend tätig werden; anders ist dies, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen nach § 35 Bau GB und den einschlägigen Festsetzungen getroffen wird. Allerdings muss bei der Steuerung durch Bauleitplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber des BauGB die Windenergieanlagen dem Außenbereich als dort privilegiert zulässige Vorhaben zugewiesen hat. Aus diesem Grund sind bei der Steuerung durch Flächennutzungsplan nicht nur die allgemeinen Regeln des BauGB über die Aufstellung der Bauleitpläne zu beachten, sondern auch die besonderen Anforderungen an die Steuerung, wie sie von der Rechtsprechung konkretisiert worden sind. Diese Grundsätze gelten auch für die Bauleitplanung, durch die die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Repowering von Windenergieanlagen geschaffen werden sollen. Dabei sind wiederum die besonderen Anforderungen des Repowering zu berücksichtigen: die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die neuen Windenergieanlagen und die Absicherung des Repowering, die in entsprechenden Fällen eine Neuordnung der Standorte für die Windenergie zum Ziel haben kann. In diesen Fällen werden mit der Errichtung neuer Windenergieanlagen an den dafür vorgesehenen neuen Standorten bestimmte Anlagen (Altanlagen) ersetzt (stillgelegt und rückgebaut) und es werden die Altstandorte aufgegeben, also an ihnen können Windenergieanlagen nicht wieder errichtet werden. Die Gemeinden haben auch die Möglichkeit, die planungsrechtlichen Grundlagen für die Windenergie und das Repowering durch Aufstellung von Bebauungsplänen zu schaffen, so dass § 30 BauGB zur Anwendung kommt. Zu beachten ist die Anpassungspflicht der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB). So haben die Gemeinden bei ihrer Bauleitplanung – je nach Praxis der Raumordnung in den Ländern – zu berücksichtigen, dass auch die Raumordnung (Regionalplanung) mit Zielen der Raumordnung die privilegierte Zulässigkeit von raumbedeutsamen Windenergieanlagen, also die heute üblichen großen Windenergieanlagen oder Windparks, auf bestimmte, ausgewiesene Standorte beschränkt haben kann.